Montag, 24. Mai 2021

Kristina liest ... "Perfect World" (Band 1)

"Könntest Du Dich in jemanden verlieben, der eine Behinderung hat?"

Mit diesen provokanten Worten startet die Geschichte der 26-jährigen Tsugumi Kawana, die bei einem Geschäftsessen unter anderem auf Itsuki Ayukawa trifft. Er war zu Schulzeiten ihre erste große Liebe. Schon damals träumte er davon, Architekt zu werden, was allen Anschein nach auch geklappt hat. Tsugumi dagegen wollte Illustratorin werden, musste diesen Traum aber aufgeben und arbeitet nun als Innenarchitektin.

Als Itsuki kurz aufstehen will, überrascht sie der Anblick: Er braucht einen Rollstuhl, da er aufgrund eines Unfalls in seiner Studienzeit nicht mehr laufen kann. Die Kollegschaft wusste davon, doch Tsugumi, die ihn lange nicht mehr gesehen hatte und immer noch ein wenig Herzklopfen empfindet, muss die Situation erst noch für sich verdauen. Was ist in all der Zeit passiert, als jeder den eigenen Weg ging?

 

 

Schmerzhafte Erfahrungen und eine ungewisse Zukunft

Aufgrund ihrer Arbeit haben die beiden wieder regelmäßig miteinander zu tun, sodass Tsugumi immer mehr von der Komplexität des Lebens mit Behinderung erfährt. Anfangs noch davon überzeugt, Itsuki respektive einen Menschen mit Behinderung nicht lieben zu können, entwickelt sie doch wachsende Gefühle für ihn, die nicht selten von erdrückender Hilflosigkeit umgeben werden. Als er plötzlich wegen eines Druckgeschwürs ins Krankenhaus muss, gibt es anscheinend nichts, was sie tun oder sagen könnte, um ihn zu trösten. 

Kann sie einer solchen Beziehung überhaupt je gerecht werden? Und was denkt Itsuki darüber, wo er sich doch gar nicht verlieben will?



Fazit:  Rundum gelungene Liebes- und Lebensgeschichte

Dass ein Manga sich jenseits der Klischeeschnulzigkeit (zumeist Schule, Herzklopfmomente und durch zu viele Missverständnisse erzeugtes, fast schon künstliches Drama) bewegt und ernsthafte, realistische Themen aufgreift, kommt sehr selten vor. "Perfect World" bricht mit dieser klassischen Shojo-Inszenierung und beschäftigt sich mit einem unausgesprochenen Tabuthema: Leben mit Behinderung.

Rie Aruga zeichnet eine mehrschichtige, komplexe, aber einfühlsame und respektvolle Geschichte, wie sie authentischer nicht sein könnte: Von Bewegungsproblematik über Stuhlgang bis hin zu Geschwüren werden die einzelnen Aspekte offen angesprochen und thematisiert. Dadurch, dass die Hauptfiguren mit Bauprojekten ihr Geld verdienen, wird auch barrierefreies Bauen und Wohnen in den Mittelpunkt gerückt. Gelegentlich werden auch scherzhafte Momente eingefädelt, um die Situation aufzulockern.

Natürlich kommen auch Gefühle nicht zu kurz: Tsugumis Kämpfen mit sich selbst ist glaubwürdig und stets mit überzeugenden Argumenten belegt. Kann sie Itsuki gerecht werden, sich um ihn kümmern? Oder benötigt er jemand stärkeren, aufopferungsvolleren als Tsugumi an seiner Seite? Was halten die Eltern und Angehörigen von so einer Beziehung?

Klare Empfehlung für alle, die auf der Suche nach realitätsnaher Romantik sind und dabei nicht scheuen, ihre vermeintliche Komfortzone zu verlassen.

 

Wertung: 5 / 5

 

Leseprobe: egmont-manga.de/leseprobe

Shop: https://www.comic-time.de/perfect-world-1.html


Randnotiz:
Bisher sind 11 Bände in Deutschland erschienen.

Abgeschlossen ist die Reihe mit 12 Bänden in Japan.
Band 12 ist für November 2021 angekündigt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen